Ghost: If You Have Ghost

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GHOST – If You Have Ghost – 12“ EP – Spinefarm Records 2013

Ich möchte eine Lanze brechen für die anonymen Ghule aus Schweden (wenn sie denn aus Schweden sind): auf der neuen Mini-LP spielen die Hardrocker 4 Coversongs und eine Live-Version von „Seculiar Haze“ vom letzten Album, das ich übrigens nicht besonders mochte im Gegensatz zum ersten. Mein Arbeitskollege schimpft ja immer über das „bescheuerte“ Konzept: der Sänger Papa Eremitus II verkleidet sich als satanischer Papst, mit Mitra und King Diamond Gedächtnis Schminke, die Musiker verkleiden sich als Kapuziner-Ghouls, keiner weiß, wer da eigentlich spielt, und wer es weiss, verrät es nicht, was heutzutage ja schon ungewöhnlich genug ist.

Da ich aber empfänglich bin für so Rock’n’Roll-Spielereien (Kiss-Größenwahn, Satan allgemein, Rockmusik mit Gitarren & so), haben die mit der ersten Platte bei mir schon offene Türen eingerannt: trockener Knarzsound, dramatische Harmonik, das böse Getue natürlich und vor allem diese Melodien, die mich immer wieder an Blue Öyster Cult erinnert haben. Ich habe also von Anfang an nicht verstanden, warum die Presse Ghost in die Doom/Metal-Schublade gesteckt hat, das hatte viel mehr mit Psychedelik-Pop im Hardrock-Gewand zu tun. Und hier endlich der Beweis:

Ghost sind eine 1A Pop Band.

Wobei ich zugeben muss, dass die Roky Erickson Nummer „If You Have Ghosts“ von den anderen Songs nicht ganz erreicht wird, die ist nämlich der Hammer, weil der Song einfach perfekt ist. „Waiting For The Night“ von Depeche Mode funktioniert auch gut, wie zu erwarten war, „Crucified“ (Army Of Lovers) ist nicht schlecht, taugt aber eigentlich nicht zu mehr als einem Schmunzeln wegen der Songsauswahl. Passt aber ins Konzept: die Neuausrichtung hin zum richtigen Pop, in GROSS, der sich nicht mehr unter der Doom-Flagge verstecken muss, Dave Grohl sei dank (Drums und Rhythmusgitarre auf einigen Songs). „I’m A Marionette“ von Abba kannte ich gar nicht und bin ziemlich angetan davon, es lohnt sich hier bestimmt, Original und Cover zu vergleichen. „If You Have Ghosts“ aber ist einer dieser Songs, die das Zeug dazu haben, Dich für immer zu begleiten: Instant Hit, extrem guter Sound und elegant in den eigenen Bandsound integriert, genauso genommen nur nachgespielt und die wesentlichen Elemente betont, ich kann davon aber einfach nicht genug kriegen. Während den 80er Covern nämlich ein Faible für eben 80er Gothrock beim Hörer nicht schadet, ist der EP Opener vollkommen zeitlos, der Sound ist gleichermaßen vintage wie modern und das Cello macht noch mal extra Zuckerguß drauf. Sehr beeindruckend, wie bei diesem simplen Song im Arrangement ständig was passiert…wenn am Ende die 2. Stimme einsetzt, denkt man, das ist der Höhepunkt, aber dann kommt diese Gitarrenlinie und dann die andere und dann muss mans wieder von vorne hören. Müsste ich bewerten, gäbe es Extrapunkte für diese Wahl und die Umsetzung.

Wer also keine Angst hat vorm geschminkten Mann riskiere ein Ohr!

Photo: Enric Martinez
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