Matula: Auf Allen Festen

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Matula: Auf allen Festen

MATULA – Auf allen Festen – Zeitstrafe, Indigo 2014

Na sowas! Direkt nach dem guten Auftritt in der Baracke Münster schon die Promo reingereicht bekommen. Danke schön, sehr aufmerksam!

Ui, direkt am Anfang fällt auf, wie gut das klingt: der Gesang ist viel klarer und voluminöser als sonst, auch der Rest der Band ist sehr schön in Szene gesetzt. Das hat die Bande gut gemacht: statt einfach loszupoltern wird eine einfache, langsame Gitarrenidee ganz ausformuliert, mit allem Zip und Zap, ein schönes, trauriges Intro, das gegen Ende erst Fahrt aufnimmt. Viele Details, Handclaps, Backgroundvocals, Klavier und Akkordeon, das hat der Soundmann auch gut gemacht. Erinnert mich am Ende ganz entfernt an einen entspannten alten Lemonheads Song (nämlich „The Outdoor Type“, und den liebe ich). Stark!

Als zweites der Titelsong, der klingt schon viel eher so, wie man Matula von jeher kennt: schmissig und treibend, die schrammelige Gitarrenwand im Refrain, und dauernd Textzeilen, die man gebrauchen kann. Es hat sich echt was getan soundmässig, der Bass ist viel präsenter und knurriger, und – es tut mir fast leid, das zu sagen – die Platte klingt bis hierhin für mich so, als hätten die sich echt mal richtig viel Mühe gegeben, also: richtig viel.

„Schwarzweißfotos“, 3. Song, Instant Hit. Ist mir beim Konzert schon aufgefallen, vor allem wegen „das ist Indiedisko, das ist Bier 1,50€“, da kenn ich was von, das gefällt mir! Die Platte hat mich also jetzt schon im Sack, das Ende mit dem kurzen, immer wiederholten Satzfragment „mit denselben Liedern“ ist echt prima.

4. Song: „Monstrum“. Ey, hier wurde doch heimlich geübt? Matula gelingt das Kunststück, den Song vollzustopfen mit kleinen Details, das große Ganze klingt aber ganz entspannt, fast fluffig. Das ist das Tor ins Radio Airplay, meine Damen und Herren, und zwar mit was? Mit Recht! Alles genau auf den Punkt, alle Matula-typischen Elemente sind nicht nur da, sondern werden ins rechte Licht gerückt, ein Glücksfall, die Burschen waren nicht faul oder besoffen und der Aufnahmeleiter hat begriffen, wie das klingen soll. 5. Song, „der Makler“. Traurig, wütend, enttäuscht, ehrlich und richtig. „Ein Haus ohne Liebe ist uns egal“. So sieht es nämlich aus! „Paraden“ klingt zunächst ein bißchen zu sehr nach Turbostaat, was an und für sich ja kein Makel ist, aber dieser Mittelteil hat es in sich, den finde ich geil, der ist so ein bißchen raus, das ist neu. Man sehe mir nach, dass ich diesen Text beim allerersten Hören der Platte runternagel, so’n Experiment, direkt durch die Ohren aufs Papier, naja, is ja gar kein Papier, aber ihr versteht schon.

„Für ein Leben“ hat diesen cheesy Papp-Synthesizer, ich las schon davon, andere finden das billig oder doof, ich halte das für Popmusik, geht 1A durch, das passt. „Kolumbus“, schon wieder ein Hit. Zackige Rhythmusgruppe unter erst klimperiger Melodie, dann offenen Akkorden, dann downstroke-Genagel auf einzelner Saite, dann hochmelodischer Refrain. Da geht die Sonne auf.

Bin gespannt, was als Single oder Video ausgekoppelt werden soll, finde die Entscheidung jetzt schon schwer, der hier ist aber auf jeden Fall Kandidat. All die vielen Leute, die Turbostaat, Herrenmagazin, Cpt. Planet und Clickclickdecker mögen, müssen sich bei Matula bedanken. Danke. Und obwohl die Produktion echt dick ist, und sehr viele Details im Gitarrenspiel zu entdecken sind, ist kein überschüssiges Fett an den Liedern, keine langweilige Stelle, auch nichts Behäbiges.

„In einem Krieg“ schaltet eine Spur runter, eine schöne Ballade, ich weiß nicht wie, 8 Meilen hoch, fast schon auf Weakerthans-Niveau. Vielleicht nicht nur fast. „Die härtesten Türen“ und „Drei Minuten“ sind beides so typisch hymnenhafte und sehnsüchtige Indierocker, mit ordentlich Drive. Was bleibt unterm Strich zu sagen nach dem ersten Eindruck? Ich bin platt. Und begeistert. Und jetzt?

Jetzt lasse ich die Platte ein paar Tage laufen und gucke mal, was der Härtetest so hergibt. Kann diese Platte langweilig werden? Muss man die unbedingt kaufen? Nebenbei noch: es gibt 2 verschiedene Cover für Vinyl und CD, auf der Platte naklar die Lady, auf der CD der junge Mann, beide voll zugehackt, die sich ausgehfein machen, für all die Feste, auf denen sie tanzen wollen.

Eigentlich wünsche ich mir jetzt doch ein Textblatt, das war ein bißchen viel, andererseits hab ich selber mal gesagt und ich will mich daran halten, „Musik ist keine Doktorarbeit“ und gute Texte schaden natürlich nicht, aber es geht hier immer noch um die Musik und nicht nur um die Texte, sonst könnte man die Töne, Harmonien und Rhythmen ja auch weglassen. Wenn man anfängt, in einem Text über Lyrics zu referieren, gerät die Musik so fälschlich in den Hintergrund und das möchte ich nicht. Denn der geneigte Leser und auch die interessierte Leserin werden all die Hooks schon finden, wenn sie sich erstmal beschäftigen. Und das werden sie. Sicher.

Nachtrag: Ich bleibe dabei, super Album, hat den Härtetest mühelos überstanden. Echt oft gehört, wird nicht langweilig, muss man kaufen. Die paar Schreiberlinge, die finden, die ungewöhnlichsten Songs auf der Platte seien auch die schwächsten, haben natürlich wie immer keine Ahnung. Ende der Woche kommt die raus und es soll hinterher keiner jammern, ich hätte nicht drauf hingewiesen!

Der Stream der etwas anderen Art hier, ab jetzt unter http://timbruening.com/ zu hören. Durchklicken muss man sich selbst, soviel Zeit muss ein. Keine Gewinnspiele, kein Durchlaufen, keine Links zu Sachen die du unbedingt brauchst.

Photo: Promo

Dinge, die auf Platte gut kommen (gesprochen von Bassist Beitz):

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