Ramones: Halfway to Sanity

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Ramones_-_Halfway_to_Sanity_cover

RAMONES – Halfway to Sanity – Sire Records 1987

Diese Platte war der Startschuss. Es gab ein klares “davor” und ein “danach”. Cut.

Von den Ramones hatte ich bereits vorher gehört bzw. Anfang der 80er den Trash-Streifen Rock’n’Roll High School im Sonntagsvormittagsprogramm gesehen. Die Band kam mir damals als 8 oder 9jähriger vor wie vom anderen Stern. Naja, war sie ja auch irgendwie. Ich glaub nichts war von meiner damaligen Lebenssituation als Kiddie vom katholischen Dorf weiter weg als die Punkszene von New York, LA oder sonst wo. Konsequenterweise habe ich damals gedacht, die Typen wären fiktiv, weil so was konnte es nicht geben in echt, in kaputten Jeans auf die Strasse gehen und so. Egal.

Jedenfalls kam im Frühsommer 1988 die damals aktuelle Ramones Platte “Halfway to Sanity” in meine fast noch kindlichen Grabbeln. Mein älterer Bruder hatte die LP von einer Klassenfahrt mitgebracht. Ich weiß noch ganz genau, wie die ersten Töne von “I Wanna Live” mich elektrisiert haben und ich von der ersten Sekunde an Fanboy war! Die Typen auf dem Cover waren so arschcool damals, das Rückcover mit den Grabsteinen und der Anweisung PLAY LOUD, das Innencover mit diesen aufgehängten Gänsen oder was das ist… Songtitel wie “I Wanna Live“, “Death of Me“, “Worm Man“, “I Lost my Mind“… Überhaupt, der erste Song heißt “I Wanna Live“, der letzte Satz auf der Platte lautet “I wish I was dead“!!! Das alles in geballter Form in meine Teenie-Fresse, -Ohren und -Augen. “Meet me in the graveyard, we’ll walk among the dead…Come with me on a journey, a journey to the end!” singt Joey in “Garden of Serenity“, einem der unterbewertetsten Ramones-Songs überhaupt. Wahnsinn. Hier ist alles kaputt, angeknackst zumindest, beschädigt, unsicher. Für mich war klar: hier wird mir was versprochen, ein für mich noch diffuses, riesiges Universum, jenseits von „Wetten dass“, Schützenfest, Schule usw. Dass es so was gab wie Subkultur, Punkrock, was auch immer, was Unterschwelliges,  “Verbotenes” von dem man besser “die Finger lässt“, das hatte ich schon mitbekommen. Mein  Bruder hatte schon vorher US- und Deutschpunk-Sachen und sogar die erste Swans LP  angeschleppt. Aber nichts davon hat damals so eingeschlagen wie diese Band mit dieser Platte. Ich musste das alles aufsaugen, entdecken und selber erleben was diese Platte andeutete.

Es gibt Menschen die behaupten, die „Halfway to Sanity“ LP sei die mit Abstand schlechteste Ramones Platte aller Zeiten. Und das will was heißen: die Band hat echt maue Platten gemacht. Kann sein, ich kann da nicht objektiv rangehen. Was mich betrifft: ich weiß nicht, wie oft ich das Teil schon gehört habe. Gefühlt ein paar 100 mal, zumal es eine Zeit lang die buchstäblich einzige Platte war, die ich gehört habe. Kassette zuende, zurückgespult, noch mal von vorne, mehrfach pro Tag. Damals perfekter Teen-Angst Soundtrack für alles: erste Liebe (unerwidert), erster Hass (erwidert), Feiern, Trinken, Heulen, Schuleschwänzen, vom wilden Punkerleben träumen. Und jetzt?  Gerade noch gehört, immer noch genauso gut. Beste Platte ever. Danke. Punkt.

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