NoMeansNo: Mama

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Mama

NOMEANSNO – Mama – Wrong Records 2013

Das buchstäblich jahrzehntelange Warten und Suchen hat ein Ende!!! Nachdem das Teil fast 30 Jahre ausverkauft und nur als CD oder für mittelhohe dreistellige Beträge bei eBay erhältlich war haben die Herren Wright nun ENDLICH via Wrong Records die erste Nomeansno LP wieder veröffentlicht!! Und als wäre das noch nicht genug, gibt es als Bonus noch die 4 Songs der ersten Single, damals eigentlich unbetitelt erschienen, aber aufgrund des Artworks als “Betrayal, Fear, Anger, Hatred” bekannt, oder unbekannt, je nachdem…

Über die Genialität des Trios brauche ich an dieser Stelle hoffentlich nicht mehr allzu viele Worte zu verlieren. Seit 1979 ist die Band unterwegs ( waren übrigens vor Punk eine Dire Straits Coverband!!! ) und hat uns zeitlose Klassiker beschert wie etwa “Small Parts Isolated and Destroyed” mit dem monolith-ähnlichen Über-Hit Victory, die Mini LP “The Day Everything became Nothing” und vor allem die “Wrong” LP, alles Platten für die Ewigkeit. An die Qualität von “Wrong” kam die Band in den letzten Jahren zwar nur noch selten heran, aber keine bisher erschienene Platte ist irgendwie “schlecht”. Nur vielleicht weniger zwingend als “Wrong“. Wobei die LPs aus den 90ern wie etwa “The Worldhood of the World ( as such )” oder “Dance of the headless Bourgeoisie” zu Unrecht etwas untergegangen sind, wohl im Windschatten von “Wrong” und “0+2=1” sowie dessen Clubhit Now. Live ist die Band immer noch ein Erlebnis! Eines der besten Konzerte ever war und bleibt Nomeansno im AJZ Bielefeld irgendwann Mitte der 90er, der totale Abriss, 400 Leute inklusive der Band selber rasten komplett aus!!! Wahnsinn…

Wie dem auch sei, ich wollte ja nicht viele Worte verlieren eigentlich…
Also zurück zu “Mama”. Die Platte sticht definitiv heraus. Recht aufgeräumt und spröde produziert, beinahe brav, nur mit der Rhythmus-Sektion bestehend aus Bass und Schlagzeug sowie gelegentlichen Synthie-Einsprengseln aufgenommen klingt “Mama” sehr reduziert, rudimentär und fast schon unfertig. Der Bass ist noch nicht dieses panzerfaustähnliche Instrument späterer Veröffentlichungen sondern klingt ebenfalls eher zahm. Nomeanso minus Punkfaktor, oder so. Hin und wieder kommen mir beim Hören Gang of Four in den Sinn, minus Gitarre. Trotzdem sind schon alle NMN-Trademarks vorhanden: Spiel- und Experimentierfreude, die Songstrukturen, die unverkennbare Stimme, Funkyness oder wie man das auch nennen möchte, diese spezielle Andersartigkeit, die dieser Band innewohnt sowie eine Neigung zum Subtilen, zum unterschwellig Bedrohlichen. Allein das Rorschach-Cover in Kombination mit dem Titel spricht Bände, und auch textlich bewegt man sich bereits an den Abgründen, die auf späteren Alben intensiver ausgelotet werden. Obwohl diese Platte wie erwähnt aus dem Oevre etwas heraussticht und die Band ihren Sound offensichtlich erst noch finden musste, hört man direkt nach dem Auflegen der Platte, dass das hier Nomeansno sind.

Was von den Bonussongs, den Songs der Single, nicht unbedingt behauptet werden kann! Hier klingt die Band tatsächlich noch komplett anders. Aber alles Hits! Und hier sind auch – anders als auf “Mama” – Gitarren im Spiel. “Try Not to Strutter“ und “All wet” klingen nach Garagenpunk und Sixtiestrash, “Hero Approaching Zero” nach… keine Ahnung was, Pop? Völlig neben der Spur, der Song, samt Klavier und Saxophonsolo! Aber absolut umwerfend! Der letzte Song “Forget your Life” wiederum ist ein NMN-Klassiker, den die Band später noch einmal aufnahm und auf “The Day Everything…” in Stein meißelte. Hier in einer rudimentäreren Version, samt nasaler Beatbox-Percussion von einem der Wright-Brüder anstatt Drums, Hammer!

Unterm Strich würde ich jemandem zum Einstieg eine andere NMN Platte empfehlen, aber für Fans ist das Teil meiner Meinung nach ein Muss!!! ”Living is friction, damage, freedom, pleasure; piles of shit and hidden treasure.” Treffender kann man es wohl kaum formulieren.

Photo: Christian Kock (diegoldenehor.de)

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